Dr. Hermann Lindhorst
Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-, Urheber- und Medienrecht, Fachanwalt für Sportrecht
Es ist ziemlich einfach und die Ergebnisse sind verblüffend: Jeder, nicht nur Ihre Kinder in der Schule, sollte einmal ausprobiert haben, zu welchen Dingen "Künstliche Intelligenz", die aktuell am häufigsten von "ChatGPT" diskutiert wird, in der Lage ist.
Momentan gibt es zwei gute – und vor allem kostenlose – Wege, diese Software kennenzulernen: Zum einen ist es möglich, sich ohne Kosten bei www.openai.com (das ist der Betreiber von ChatGPT) registrieren zu lassen. Zum anderen können Nutzer des sog. "Edge"-Browsers durch Aufrufen der Seite www.bing.com (und dort durch Klick auf "Chat") erste Schritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz unternehmen.
Haben Sie erst einmal eine der beiden Alternativen für sich gewählt, sind Ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt: Bitten Sie ChatGPT zum Beispiel, ein Gedicht auf jemanden zu schreiben, einen Zeitungsartikel zu einem bestimmten Thema zu entwerfen oder den Entwurf des nächsten Schreibens, das Sie auf Ihrer "To-do"-Liste (sei es geschäftlich oder privat) haben. Sie können Ihre Bitte bzw. Ihren Wunsch dabei ganz normal so äußern, wie Sie das auch gegenüber einer Person machen ("Bitte erstelle für die Firma xyz ein Begrüßungsschreiben für eine neue Mitarbeiterin, die im Bereich xyz ein vierwöchiges Praktikum beginnt. Für das Praktikum gelten keine besonderen Regelungen, aber es wird Wert auf Pünktlichkeit und Fleiß gelegt." – Diese Fragen werden übrigens "Prompts" genannt). Sollte die Antwort nicht auf Ihre Zustimmung stoßen, können Sie auch das der Software mitteilen (z.B. "Formuliere lockerer und umgangssprachlicher.").
Die rasante Entwicklung von KI und maschinellem Lernen hat dazu geführt, dass mittlerweile immer mehr Unternehmen und Einzelpersonen KI-gestützte Sprachmodelle für unterschiedliche Zwecke nutzen. Übrigens ist ChatGPT nur das Paradebeispiel im textlichen Bereich; in vielen anderen Bereichen und Werkgattungen wird KI bereits umfangreich eingesetzt. So kann Software nach Eingabe bestimmter medizinischer Faktoren erkennen und dem Arzt vorschlagen, welche Krankheit aufgrund der Faktoren wahrscheinlich ist.
In tatsächlicher Hinsicht werden sich also ganze Berufsfelder zwingend mit "KI" auseinandersetzen müssen, denn es gibt KI-Software, die dort einen sog. "disruptiven" Charakter haben kann – das bedeutet, dass es viel einfacher und günstiger sein wird, KI-Software zu bedienen, als die entsprechenden Personen in den jeweiligen Berufen einzusetzen. Übersetzungen sind z.B. mittlerweile über das ebenfalls KI-gestützte Tool "Deep-L" so gut, dass viele Unternehmen heutzutage auf die Beauftragung von Dolmetschern gänzlich verzichten.
In rechtlicher Hinsicht im Zusammenhang mit KI-gestützten Sprachmodellen werden vor allem urheber- und datenschutzrechtliche Fragen diskutiert: Die Frage etwa, ob von KI generierte Inhalte urheberrechtlichen Schutz genießen können, ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt – im deutschen Urheberrechtsgesetz ist etwa stets das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung (vgl. § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz) erforderlich, die bei der automatischen Erstellung eines Textes nicht vorliegt.
Ein weiteres wichtiges Thema im Zusammenhang mit KI-gestützten Sprachmodellen ist der Datenschutz sowie die Vertraulichkeit. Unternehmen, die KI-gestützte Sprachmodelle nutzen, müssen sicherstellen, dass sie die Datenschutzbestimmungen einhalten sowie die Geschäftsgeheimnisse schützen. Aktuell z.B. ist die Verwendung von ChatGPT in der einfachen kostenlosen Version mit Risiken verbunden, weil nicht sichergestellt ist, wie genau ChatGPT diese Daten verwendet – sicherheitshalber sollten daher alle Eingaben zumindest pseudonymisiert erfolgen. Kostenpflichtige Versionen von ChatGPT versprechen, dass Vertraulichkeit und Datenschutz gewährleistet werden.
Schließlich sind auch Risiken und Gefahren mit ChatGPT und Künstlicher Intelligenz verbunden, denn abstrakte Algorithmen entscheiden immer mehr Dinge, ohne dass die Gründe für eine bestimmte Entscheidung überprüft werden könnten. Initiativen der EU sehen daher Maßnahmen vor, wonach z.B. ChatGPT-generierte Inhalte zwingend gekennzeichnet werden müssen. Anfängliche Verbote (wie es das zB. in Italien gegeben hat) soll es aber nicht geben, um die Entwicklung in diesem Bereich nicht aufzuhalten – China und die USA sind in der Regel sehr viel schneller in der Entwicklung, u.a. aufgrund eines sehr viel geringeren datenschutzrechtlichen Niveaus. Gleich wie man dazu steht: Die Diskussion ist im vollen Gange, und es sei jedem nur dringend empfohlen, einmal die grundlegenden Funktionen von ChatGPT auszuprobieren – es lohnt sich in jedem Fall!
Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-, Urheber- und Medienrecht, Fachanwalt für Sportrecht