Gerold Winter
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Die betriebliche Buchführung wird mittlerweile in vielen Unternehmen durch IT-Einsatz unterstützt. Besonders im Rahmen der aktuell herrschenden Corona-Krise ist der Bedarf an digitalen Lösungen größer denn je. Vor allem das sog. ersetzende Scannen als Grundlage für eine digitale Buchführung tritt vermehrt in den Fokus.
Zu beachten ist hier, dass die unterstützenden Informationssysteme den von der Finanzverwaltung veröffentlichten GoBD (Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnung und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) entsprechen müssen, die regelmäßig überarbeitet werden.
Zu diesem Zweck hat die Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben vom 28.11.2019 eine aktualisierte Form der GoBD veröffentlicht. Wesentliche Änderungen bestehen u. a. darin, dass die Nutzung der Cloud-Technologie begrifflich in DV-Systeme einbezogen wurde (Rn.20), nun die Möglichkeit der direkten bildlichen Erfassung mittels mobiler Endgeräte besteht (Rn. 68, 119, 130, 136), bei Konvertierung von Daten in ein In-House-Format nur noch die Konvertierung gespeichert werden muss (Rn. 135), eine Änderungshistorie der Verfahrensdokumentation sichergestellt sein muss (Rn. 154) und der Datenzugriff bei abgeschalteten Systemen erleichtert wird (Rn. 164).
Nach Ansicht der Finanzverwaltung muss für die genutzten Datenverarbeitungssysteme eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein. Betriebsprüfer sind an die GoBD gebunden und könnten eine fehlende Verfahrensdokumentation im Zweifel zum Anlass nehmen, die Buchführung als mangelbehaftet anzusehen und hieraus eine Befugnis herzuleiten, die Buchführung zu schätzen.
Es ist jedoch umstritten, ob eine Pflicht für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation überhaupt besteht. Eine gesetzliche Grundlage hierfür gäbe es nämlich nicht. Es werde zwar auf die §§ 145 ff. Abgabenordnung abgestellt, der Begriff „Verfahrensdokumentation“ findet sich in diesen Vorschriften jedoch nicht (vgl. Brete „Das Märchen der Verfahrensdokumentation“ in: DStR 2019 S. 258). Die Pflicht lässt sich auch nicht aus dem BMF-Schreiben ableiten, da solche Verwaltungsanweisungen keine Rechtsnormenqualität besitzen (BFH v. 16.12.2014 – X R 42/13, DStR 2015, 892).
Die Finanzverwaltung hält jedoch weiterhin an ihrer Auffassung zur Pflicht der Erstellung einer Verfahrensdokumentation fest und hat ihre Anforderungen mit den GoBD 2019 noch erhöht, indem Änderungen der Verfahrensdokumentation historisch nachvollziehbar sein müssen. Die Schätzbefugnis sei im Fall des Fehlens kein Märchen, sondern ernst zu nehmende Realität.
Die Erstellung einer Verfahrensdokumentation kann jedoch, unabhängig von einer gesetzlichen Verpflichtung, auch für Unternehmen Vorteile schaffen, da die internen betrieblichen Abläufe transparent gemacht werden und Einsparpotential identifiziert wird („Schätze suchen – Schätze finden“).
Die Bundessteuerberaterkammer hat hierzu bereits gemeinsam mit dem Deutschen Steuerberaterbund e.V. eine Muster-Verfahrensdokumentation zum ersetzenden Scannen veröffentlicht.
Gern unterstützt SCHLARMANNvonGEYSO Sie bei allen Schritten zur Digitalisierung und der erforderlichen Dokumentationen.
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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