Des einen Freud – des anderen Leid?

Trennen sich zwei Ehepartner, insbesondere wenn im Haushalt gemeinsame Kinder leben, dann zieht oft ein Ehepartner aus dem Familienheim aus. Er überlässt die gemeinsame Immobilie dem anderen Ehepartner und seinen Kindern, um die mit einer Trennung einhergehenden Belastungen zu mindern.

Auswirkungen des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 14.02.2023 auf das eheliche Güterrecht

Partner-Beitrag von Dr. Kathrin Baartz —

Oft ist die Überlassung des Familienheims an den anderen Miteigentümer auch unterhaltsrechtlich motiviert und führt zur Beibehaltung des Lebensstandards der Familie. Der weichende Ehepartner hat dabei oft die Vorstellung, für die Regelung der Eigentumsverhältnisse noch alle Zeit der Welt zu haben. Selten haben die Beteiligten beim Auszug eines Ehepartners schon eine klare Vorstellung von der Zukunft – in Bezug auf die Ehe und das Schicksal des gemeinsamen Hauses.

Liegt der Erwerb des Hausgrundstückes weniger als 10 Jahre zurück, dann ist auch ein Familienheim steuerverstrickt. Das haben aufmerksame Leser zur Kenntnis nehmen müssen, als der Bundesfinanzhof im Februar 2023 entschied, dass ein sogenanntes privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Absatz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz auch dann vorliegen kann, wenn das Hausgrundstück (auch) den unterhaltsberechtigten Kindern überlassen wurde. Und es hilft auch nichts, dass der bleibende Ehepartner durch Androhung der Teilungsversteigerung quasi die Pistole auf die Brust gesetzt hat.

Entscheidend ist allein, ob die 10 Jahre seit Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages – im notariellen Kaufvertrag nachzulesen - abgelaufen ist. Innerhalb der 10-Jahres-Frist ist der Veräußerungsgewinn nur dann einkommensteuerbefreit, wenn die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu höchsteigenen Wohnzwecken genutzt wurde.  

Es zeigt sich, dass eine Trennung zum Jahresende aus steuerlicher Sicht eine schlechte Idee ist, während die Trennung im Januar den Beteiligten wenigstens etwas Luft und Zeit zur Prüfung lässt. Heißt es nicht: „Prüfe, wer sich ewig bindet.“? Aus familienrechtlicher Sicht gibt es ebenso gute Gründe zu prüfen, wer sich auf immer trennen möchte. Dem passionierten Familienrechtspraktiker ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofs daher ein Ärgernis.

Er wird mehr Kampf um das Familienheim provozieren, wo die Beteiligten von gestiegenen Immobilienwerten ausgehen. Er wird den Druck auf den weichenden Ehepartner einseitig erhöhen, denn er hat gegen den Willen des bleibenden Ehepartners keine echte Chance, seinen Miteigentumsanteil in demselben Jahr zu veräußern, in dem er das Familienheim zuletzt mitbenutzt hat. Denn wer übernimmt schon einen ideellen Miteigentumsanteil? Das dürfte nur für den bleibenden Ehepartner sinnvoll sein.

Und wenn sich der bleibende Ehepartner sperrt - oder sich nicht entscheiden kann, weil auch seine finanzielle Zukunft ungewiss ist - bleibt alles wie es ist. Auch eine Teilungsversteigerung ist im Trennungsjahr nicht gerichtlich durchsetzbar, weil das Familienheim als Ehewohnung besonderen Schutz genießt.

Allerdings wird die Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Güterrecht Niederschlag finden, wenn die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben.

Der Zugewinnausgleich dient der Teilhabe an der Vermögensentwicklung der Ehegatten, wenn sich das Vermögen des einen Ehepartners während der Ehezeit vorteilhafter entwickelt hat als das Vermögen des anderen. In der Zugewinngemeinschaft gelten beide als Team, die gemeinsame Lebensleistung führt bei Scheidung oder sonstiger Beendigung des Güterstandes zu einem Ausgleichsanspruch des wirtschaftlich schwächeren Parts.

Für den Vermögensvergleich werden alle Wirtschaftsgüter einbezogen und mit dem Wert zu den jeweiligen Abrechnungsstichtage angesetzt. Für Scheidungswillige ist der Abrechnungsstichtag in der Regel das Datum der Zustellung des Scheidungsantrages. Der Wert des Vermögensgegenstandes ist nach familienrechtlichen Kriterien der Verkehrswert, der sich gedachter Veräußerung des jeweiligen Wirtschaftsgutes ergeben würde.

Fallen bei gedachter Veräußerung Steuern an, insbesondere Einkommensteuer, dann ist das auch im Zugewinnausgleich bei der Bewertung des ausgleichpflichtigen Vermögens zu berücksichtigen. Für Kapitallebensversicherung und Unternehmensbeteiligungen dürfte sich das bereits herumgesprochen haben. SKNvonGEYSO fällt es nicht schwer, die sogenannte latente Steuerlast zu prognostizieren, auszurechnen oder zu überprüfen, Betroffene profitieren von unserer engen Zusammenarbeit von Steuerberatern und Rechtsanwälten. Das zugewinnausgleichspflichtige Vermögen vermindert sich zum Teil erheblich – des einen Freud, des anderen Leid!

Aber nun wird dies auch für das Familienheim gelten, wenn der gedachte Verkaufsfall innerhalb der Spekulationsfrist anzunehmen ist. Der weichende Ehepartner wird von seinem Grundstücksanteil die latente Steuerlast abrechnen können, der bleibende wird mit seinem Grundstücksanteil im vollen Verkehrswert in die Abrechnung einbezogen.

Die Auswirkung auf den zu entrichtenden Zugewinnausgleich wird in der Regel die Hälfte der latenten Steuerlast ausmachen, entweder durch Erhöhung des ohnehin aus anderen Gründen geschuldeten Zugewinnausgleichsanspruchs gegen den bleibenden Ehegatten oder durch Verringerung der eigenen Ausgleichspflicht.

An der Einkommensteuer, die durch Veräußerung des Miteigentumsanteils an dem Familienheim innerhalb der 10-Jahres-Frist entsteht, wird der bleibende Ehepartner jedenfalls im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft mittelbar beteiligt.

Das ist die gute Nachricht.

Konsequent zu Ende gedacht bleibt es beim Abzug der fiktiven Gewinnsteuer sogar dann, wenn nur der güterrechtliche Abrechnungsstichtag in den Spekulationszeitraum fällt, sich die Veräußerung aber anschließend noch so lange hinzieht, so dass sie wieder steuerfrei ist. Gut beraten ist, wer den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages strategisch auch darauf hin abstimmt, ob sich Zugewinnausgleichsansprüche dadurch erhöhen oder vermindern.

Kommen Sie gerne auf uns zu.

Dr. Kathrin Baartz

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Mediatorin

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