Ein Königsweg aus der Erbschaftsteuer

Immobilienbesitz dient der Altersvorsorge! Damit verbunden sind aber oftmals sich scheinbar unauflösbar gegenüberstehende Fragestellungen: "Wie halte ich das erarbeitete Familienvermögen beim Übergang auf die nächste Generation möglichst frei von Erbschaftsteuer?" und "Wie sichere ich mir auf Lebenszeit die Mieterträge, die Teil meiner Altersversorgung sind und die ich für meine laufende Lebensführung benötige?"

Nießbrauch

In dieser Grundkonstellation hilft eine Schenkung der Eltern an die Kinder unter Nießbrauchsvorbehalt möglicherweise weiter. Der Nießbrauch kann bei lebzeitiger Übertragung an die nächste Generation so genutzt werden, dass eine Schenkungsteuer nicht anfällt bzw. ganz maßgeblich vermindert wird. Durch eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt geht das Eigentum an der Immobilie unentgeltlich auf die nächste Generation über, während sich die Seniorgeneration die Mieterträge auf Lebenszeit vorbehält. Eigentum und Mieterträge werden mithilfe dieses Kunstgriffs sowohl zivilrechtlich als auch steuerlich getrennt.

Schenkungssteuerlich ist die Vermögensübertragung gegen Nießbrauchsvorbehalt seit der Erbschaftsteuerreform im Jahre 2009 massiv begünstigt. Seither ist das Nießbrauchsrecht bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer wie eine Schuld vom Verkehrswert des übertragenen Immobilienbesitzes abziehbar. Die Höhe des Abzugsbetrages hängt entscheidend vom Lebensalter des Schenkers bzw. der Schenkerin ab. Hier gilt wie so häufig:

„Je früher desto besser!“

Bei richtiger Gestaltung kann oftmals auch größerer Immobilienbesitz steuergünstig auf die nächste Generation übertragen werden. Regelmäßig geht es dabei darum, durch rechtzeitige Schenkungen die alle zehn Jahre zur Verfügung stehenden erbschaftsteuerlichen Freibeträge (Euro 500.000,00 für den Ehegatten und Euro 400.000,00 für jedes Kind) zu nutzen.

Dazu ein einfaches Beispiel:

Dem 60-jährigen Vater gehört ein Zinshaus imWert von Euro 2,0 Mio, das eine Jahresmiete von Euro 100.000,00 abwirft. Entschiede sich nun der Vater, seinen beiden Töchtern das Haus zu schenken oder träte der Erbfall ein, so würden die beiden steuerlichen Freibeträge für die Töchter von insgesamt Euro 800.000,00 nicht ausreichen, um eine Steuerlast zu vermeiden. Die Steuerschuld läge bei insgesamt Euro 180.000,00.

Entscheidet sich der Vater aber zur Schenkung unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauches, so wird der Nießbrauch wie eine Schuld vom Immobilienwert abgezogen. Entsprechend dem Lebensalter des Vaters beträgt der Abzugsbetrag das 12,713-fache der Jahresmiete, nämlich Euro 1.271.300,00. Der verbleibende schenkungsteuerliche Wert liegt bei Euro 728.700,00 und damit unterhalb der Freibeträge. Eine Schenkungsteuer fällt nicht an.

Zudem bleiben dem Vater die Mieterträge auf Lebenszeit erhalten und dienen plangemäß weiter seiner Altersversorgung. In der laufenden Einkommensteuer bleibt trotz Schenkung „alles beim Alten“. Der Vater versteuert unverändert die Mieteinnahmen und kann bei richtiger Gestaltung wie schon vor der Schenkung die Werbungskosten samt Abschreibungen steuerlich absetzen. Die Töchter zahlen, obwohl sie bereits das Eigentum erworben, für die Zeit des Nießbrauchs keine Einkommensteuer.

Häufig werden Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt um weitere Regelungen ergänzt. Dazu gehören z. B. Rückschenkungsvorbehalte, beispielsweise für den Fall des Vermögensverlustes eines Beschenkten oder aber bei „grobem Undank“. Ferner finden wir oftmals zu Gestaltungen, die der Seniorgeneration trotz Schenkung noch Einfluss auf die geschenkte Immobilie sichert. Dazu könnte beispielsweise eine Familiengesellschaft dienen, an der neben der Juniorgeneration auch die Seniorgeneration beteiligt bleibt. Mit Hilfe der Möglichkeiten des Gesellschaftsrechtes sind hier die Wünsche und Vorstellungen aller Parteien langfristig und außerordentlich zielgenau umsetzbar. Bei unserer Beratung zu Nießbrauchslösungen weisen wir aber auch immer auf bestimmte Risiken in, die im Vorhinein zu bedenken sind.

Zum einen entstehen durch Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt zeitlich ausgedehnte Risiken aus Pflichtteilsansprüchen. Während bei Schenkungen ohne Nießbrauch, die mindestens zehn Jahre zurückliegen, die Pflichtteilsansprüche der übrigen Erben in Bezug auf das geschenkte Vermögen in der Regel vollständig entfallen, bleiben die Pflichtteilsansprüche bei unter Nießbrauchsvorbehalt geschenktem Vermögen ohne zeitliche Begrenzung erhalten. Hier gilt es bei Bedarf über geeignete Abwehrmaßnahmen zu sprechen.

Ferner hängt der gewünschte steuerliche Abzug des Nießbrauchsrechtes davon ab, dass dieses Recht nach der Schenkung für eine gesetzlich bedungene Zeit Bestand hat. Verschenkt beispielsweise ein 60-jähriger sein Vermögen unter Nießbrauchsvorbehalt, so beträgt die Frist sieben Jahre. Endet der Nießbrauch z. B. durch Tod bereits früher, so wird der steuerliche Abzug auf die tatsächliche Laufzeit des Nießbrauchsrechtes gekürzt. Dadurch würde ein Teil der Begünstigung nachträglich entfallen.

Der Jahreswert des Nießbrauchs ist grundsätzlich die erzielte Jahresmiete. DerWert wird steuerlich aber auf den Betrag reduziert, der dem Grundstückswert geteilt durch 18,6 entspricht. Dadurch wird erreicht, dass der Abzugsbetrag steuerlich niemals über demWert des geschenkten Vermögens liegen kann.

Die gesamte Erbschaftsteuer steht seit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes auf dem Prüfstand, was wir bei der Gestaltung entsprechend berücksichtigen. 

Schließlich raten wir grundsätzlich davon ab, das privat genutzte Familienheim bereits zu Lebzeiten zu verschenken. Die Schenkung führt zum weitgehenden oder gar vollständigen Verlust von Einflussmöglichkeiten bis hin zu einer Verkaufssperre und kann damit in starkem Maße die persönliche Lebensführung berühren. Nach unserem Verständnis sollte aber jegliche Entscheidungsgewalt über das eigene Familienheim auf Lebenszeit bei der Seniorgeneration verbleiben.

Sabine Münzel

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (AGT)

Bild: © Shutterstock / beeboys

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