Erste Tätigkeitsstätte ersetzt regelmäßige Arbeitsstätte

Mit dem bereits in 2/2013 verabschiedeten Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts sind ab dem 01.01.2014 neue Regelungen in Kraft getreten.

Verabschiedete Gesetze zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts

Partner-Beitrag von Gerold Winter —

Ferner hat das Bundesministerium für Finanzen hierzu am 30.09.2013 ein ausführliches Schreiben erlassen.

Das lohnsteuerliche Reisekostenrecht regelt die Frage, welche Fahrt-, Verpflegungs-, Unterbringungs- und Reisenebenkosten der Arbeitnehmer für Tätigkeiten außerhalb seines Unternehmens als Werbungskosten absetzen bzw. welche Beträge der Arbeitgeber für die auswärtigen Einsätze bei der Lohnabrechnung steuerfrei ersetzen kann.

Neben deutlichen Vereinfachungen bei den Verpflegungspauschalen (Einführung einer zweistufigen Staffelung der Pauschalen im Inland von Euro 12,00 und Euro 24,00), Vereinfachungen bei der Gestellung von Mahlzeiten und Änderungen bei Unterkunftskosten bei der doppelten Haushaltsführung wird bei Fahrtkosten für Fahrten zur Tätigkeitsstätte gesetzlich festgelegt, dass es höchstens eine solche sog. „erste Tätigkeitsstätte“ pro Dienstverhältnis geben kann.

Der gesetzlich neu geschaffene Begriff „erste Tätigkeitsstätte“ ist inhaltlich genau definiert und ersetzt den früheren Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte, der rechtlich vielfach zwischen Finanzverwaltung und Finanzgerichten umstritten war. Die hierzu bislang ergangene Rechtsprechung ist damit gegenstandslos.

Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte wird 2014 vorrangig durch den Arbeitgeber im Rahmen dessen arbeitsrechtlichen Direktionsrechts bestimmt und dient damit der Vereinheitlichung von arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Grundsätzen der Vergütung von Reisekosten.

Wichtig: Mit der Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte wird darüber entschieden, in welcher Höhe Reisekosten anfallen. Dies hat konkrete Auswirkungen auf:

Die Erstattung von Fahrtkosten: Bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist der Ansatz von Reisekosten ausgeschlossen – es kann lediglich die Entfernungspauschale von Euro 0,30 pro Entfernungskilometer zum Ansatz gebracht werden.
Bei anderen beruflichen Auswärtstätigkeiten können dagegen nach Reisekostengrundsätzen die tatsächlichen Kosten oder Euro 0,30 je gefahrenen Kilometer angesetzt werden.


Die Besteuerung von Firmenwagen: Bei der Überlassung von Firmenwagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte liegt ein geldwerter Vorteil vor. Fahrtkostenersatz führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.


Verpflegungspauschalen: diese können nur bei Auswärtstätigkeiten anfallen.
Von der ersten Tätigkeitsstätte ist danach immer dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig ist, der er dauerhaft durch Festlegungen, Absprachen und Weisungen zugeordnet ist (arbeitsrechtliches Zuordnungsprinzip).

Vorrang hat nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die arbeitsrechtliche Zuordnung.
Keine ortsfeste Einrichtung liegt bei Fahrzeugen, Zügen, Schiffen und Flugzeugen vor.

Das Kriterium der Dauerhaftigkeit ist erfüllt, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des gesamten Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten hinaus an einer solchen Einrichtung tätig werden soll.

Bei Kettenabordnungen liegt keine dauerhafte Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte vor, wenn die einzelnen Abordnungen jeweils einen Zeitraum von unter 48 Monaten umfassen.

Fehlt die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung oder sind die Festlegungen nicht eindeutig, dann wären hilfsweise quantitative Kriterien heranzuziehen. Maßgebend ist dann diejenige Tätigkeitsstätte, an der ein Arbeitnehmer: typischerweise arbeitstäglich, zwei volle Arbeitstage pro Woche oder ein Drittel seiner vertraglich regelmäßigen Arbeitszeit dauerhaft tätig werden soll.

Sind die quantitativen Kriterien für mehrere Tätigkeitsstätten erfüllt, so gilt die vom Arbeitgeber bestimmte oder die der Wohnung am nächsten liegende Tätigkeitsstätte als erste Tätigkeitsstätte.

Langfristige Tätigkeiten an betriebsfremden Einrichtungen, beispielsweise einem Kunden, können ab dem 01.01.2014 zu einer ersten Tätigkeitsstätte führen. Gleiches gilt für Entsendungen im Rahmen eines Konzerns oder Outsourcing-Fällen sowie beim Einsatz von Zeit- und Leiharbeitnehmern, wenn eine dauerhafte Tätigkeit an der fremden Einrichtung vorliegt.

Im Verhältnis zur bisherigen Rechtslage wird damit der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte im Vergleich zur früheren regelmäßigen Arbeitsstätte auf Einrichtungen von Dritten - mithin auf betriebsfremde ortsfeste Einrichtungen - ausgedehnt.

Die Entscheidung über die erste Tätigkeitsstätte wird häufig nicht nur unter dem Blickwinkel des betrieblichen Reisekostenrechts zu treffen sein, sondern insbesondere auch bei Firmenwageninhabern mit Rücksicht auf eine günstige Dienstwagenbesteuerung. Gleichzeitig darf die Zuordnung des Arbeitgebers insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern, Arbeitnehmer-Ehegatten und mitarbeitenden Angehörigen keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen. Die Zuordnungsentscheidung hat eindeutig zu sein und ist zu dokumentieren.

Nachteilig wirkt sich eine Neuregelung für Arbeitnehmer, die ohne erste Tätigkeitsstätte dauerhaft den selben Ort typischerweise arbeitstäglich aufsuchen, dahingehend aus, dass in diesen Fällen gesetzlich die Anwendung der Entfernungspauschale angeordnet wird:

Bei Arbeitnehmern, die zwar arbeitstäglich von zu Hause den Betrieb aufsuchen müssen, dort aber nur geringfügige Begleitarbeiten von untergeordneter Bedeutung ausüben, weil sie ihre eigene berufliche Tätigkeit im Außendienst verrichten, unterliegen die täglichen Arbeitgeberfahrten kraft gesetzlicher Fiktion den einschränkenden Regelungen der Entfernungspauschale. Dieses ist insbesondere für die Inhaber von Firmenwagen nachteilig, da diese hierdurch zusätzlich einen geldwerten Vorteil nach den für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte geltenden Regeln zu versteuern haben.

Gerold Winter

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Bild: ©pixaby

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