Carina Tolle-Lehmann LL.M.
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
Gute Werbung ist sprichwörtlich Gold wert: Sie bringt zum einen direkt neue Kunden. Zum anderen erhöht sie die Bekanntheit des eigenen Unternehmens und trägt so langfristig zum Erfolg bei. Ein (kontroverses) Sprichwort aus der Werbebranche besagt im Übrigen: "There is no such thing as bad publicity"; frei übersetzt: "Es kann keine schlechte Werbung geben".
Demnach habe jegliche Öffentlichkeitsarbeit immer auch einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Unternehmens. Schließlich würden sich Kundenkreise jedenfalls nach einem gewissen Zeitraum nur noch daran erinnern, dass etwas über das Unternehmen kommuniziert wurde, nicht aber ob diese Kommunikation möglicherweise negativ war. Also: Gleich losziehen und Anzeigen schalten?
Ein kurzes Innehalten vor umfangreicher Aktivierung sämtlicher Marketingmaßnahmen halten wir hier für geboten, denn es mag sein, dass es langfristig gesehen keine schlechte Werbung für Unternehmen gibt - wenngleich die oben beschriebene Aussage in dieser Pauschalität auch unter Werbefachleuten umstritten ist - ; gerade für Unternehmen mit Internetauftritten kann ein so genannter "shitstorm" aber auch zu nachteiliger Öffentlichkeitswirkung führen. Stößt eine Werbeaktion auf negative Reaktionen im Internet, ist es für die Netzgemeinde recht schnell und einfach möglich, viele negative Kommentare auf der Internetseite des Unternehmens zu platzieren und sämtliche Kanäle einschließlich Facebook, Twitter und Co. mit negativen Schlagzeilen zu füllen. Das kann vom Unternehmen auch langfristig nicht gewollt sein.
Eine zündende Werbeidee könnte nun sein, den Bekanntheitsgrad des eigenen Unternehmens dadurch zu steigern, dass man als Händler z.B. großflächig mit "30% auf alles" wirbt. Als Kleinigkeit gilt es dann allerdings zu beachten, dass es sich tatsächlich um 30% Rabatt auf alle Waren handeln muss. Wenn der Kunde das eingefügte "fast" bei dem abgewandelten Satz "30% auf (fast) alles" drucktechnisch überlesen kann und der Händler zudem im berühmten Kleingedruckten den Hinweis aufgenommen hat, dass Produkte von 40 Herstellern gar nicht unter die Aktion fallen, ist die Werbung rechtlich problematisch - so sprach das Oberlandesgericht Köln gar von einer "dreisten Lüge" (Urteil des OLG Köln vom 20.04.2018, Az. 6 U 153/17).
Es gibt aber Werbealternativen: Unternehmer, die keine großen Rabattaktionen mögen, können - ohne Rabatte - die Vorzüge ihres Produkts hervorheben, denn selbstverständlich darf man auf die positiven Wirkungen einer Ware hinweisen. Allerdings sollten große Übertragungen oder z.B. gesundheitsbezogene Angaben wohl durchdacht sein und unter Umständen gar gänzlich gemieden werden. Im Anschluss an die vor gut einem Jahr an dieser Stelle von Frau Rechtsanwältin Ulrike Hundt-Neumann besprochene Entscheidung des OLG Stuttgart (Infobrief Mai 2017) hält es nun auch der Bundesgerichtshof für rechtswidrig, wenn entgegen der einschlägigen Rechtslage mit einer "Bekömmlichkeit" alkoholischer Getränke geworben wird (Urteil des BGH vom 17.05.2018, Az. I ZR 252/16). Suggeriert die Werbung, dass ein Produkt auf die Gesundheit keine schädlichen Auswirkungen habe, muss das Produkt auch bei dauerhaftem Konsum tatsächlich gut vertragen werden. Dies hat der BGH - aus nachvollziehbaren Gründen - bei umfangreichem Konsum alkoholischer Getränke verneint.
Für den werbetechnisch interessierten Unternehmer bedeutet dies vereinfacht: Was die Werbung verspricht, muss das Produkt auch halten. Gerade gesundheitsbezogene Aspekte von Produkten können sonst schnell wettbewerbsrechtlich ungesund für das werbende Unternehmen werden. Prägnante Slogans sollten daher stets mit Bedacht und wahrheitsgemäß gewählt werden.
Wir bleiben dabei: Gute Werbung belebt den Markt. Und am besten ist die Werbung dann, wenn sowohl Kunde als auch Richter am Ende des Tages sagen: "Wohl bekomm's!"
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
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