Missbräuchliche Abmahnungen und die Abmahnindustrie – Ein Ende in Sicht?

Schon lange sind missbräuchliche Abmahnungen der Bundesregierung ein Dorn im Auge.

Umfangreiche Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

Als missbräuchlich sind solche Abmahnungen anzusehen, die einzig und allein deshalb ausgesprochen werden, um hohe Vertragsstrafen oder Rechtsanwaltskosten zu erzielen und nicht die Sicherung des fairen Wettbewerbs im Fokus haben. Dies hat über Jahre hinweg das Instrument der Abmahnung in Verruf gebracht. Dabei ist es von der Grundidee her ein gutes und effektives Mittel, um kostengünstig und schnell Unterlassungsansprüche bei Rechtsverletzungen durchzusetzen, ohne lange Gerichtsverfahren in Kauf nehmen zu müssen. In der Praxis existieren jedoch einige schwarze Schafe, die diese Abmahnungen für andere Zwecke nutzen. So haben sich Vereine einzig und allein mit dem Ziel der Aussprache von Abmahnungen gegründet. Bestimmte Kanzleien beschäftigen sich unter anderem Tag und Nacht nur noch damit, im Internet nach Rechtsverletzungen zu suchen, um kostenintensiv kleinste Rechtsverstöße abzumahnen und bei erneutem Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungs-und Verpflichtungserklärung eine hohe Vertragsstrafe zu kassieren. Dieser so genannten Abmahnindustrie möchte der Gesetzesentwurf der Bundesregierung nunmehr entgegentreten, indem es die Anforderungen an die Aussprache der Abmahnungen erhöht und die finanziellen Anreize reduziert. Insofern sind umfangreiche Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geplant. Wir von SCHLARMANNvonGEYSO haben uns den Entwurf einmal näher angeschaut:

 

a) Änderung der Abmahnbefugnis

Als erstes soll die Abmahnbefugnis, also das Wer-darf-abmahnen, eingeschränkt werden. Derzeit ist es so, dass jeder Mitbewerber eine Abmahnung aussprechen kann. In Zukunft dagegen sollen dazu nur noch Mitbewerber berechtigt sein, die Waren- oder Dienstleistungen in einem nicht unerheblichen Umfang anbieten und dies nicht nur bei Gelegenheit tun. Diese Änderung könnte das Problem der Scheinkonkurrenten eindämmen und beträfe Mitbewerber, die Waren nur zum Schein anbieten, aber primär das Ziel haben, Abmahnungen auszusprechen.

Darüber hinaus sollen nur noch eingetragene, sogenannte qualifizierte Wirtschaftsverbände berechtigt sein, Abmahnungen auszusprechen, die zur Sicherung in einer Liste beim Bundesamt für Justiz geführt werden. Eingetragen werden können nur Vereine bzw. Verbände, die gewisse Voraussetzungen erfüllen, wie z. B. eine Existenz von mindestens einem Jahr seit Eintragung, eine Mindestanzahl von 75 Mitgliedern etc.

 

b) Reduzierung finanzieller Anreize

Bei kleinsten Rechtsverstößen soll nur noch eine Vertragsstrafe von EUR 1.000,00 gerechtfertigt sein. Darüber hinaus soll bei besonders abmahnträchtigen Bereichen sogar die Verpflichtung des Abgemahnten entfallen, die Kosten der Abmahnung zu tragen. Hierzu nennt der Entwurf z. B. Verstöße gegen die Kennzeichnungspflichten (fehlende oder fehlerhafte Impressumsangaben, Fehlen der Verlinkung zur Online-Streitbeilegungsplattform der EU) oder Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bei Kleinstunternehmen. Solche sogenannten Bagatellverstöße können weiter abgemahnt werden; jedoch dürfte durch den Gesetzesentwurf der finanzielle Anreiz zur Aussprache einer solchen Abmahnung gesenkt sein.

 

c) Inhaltliche Anforderungen der Abmahnung und Gegenangriff des Abgemahnten

Weiter sieht der Entwurf vor, dass die Abmahnung klar und deutlich zu formulieren ist. So soll z. B. angegeben werden, wer die Abmahnung ausspricht und welche Rechtsverletzung zugrunde liegt. Ferner sollen die geltend gemachten Ansprüche weiter aufgeschlüsselt werden, um dem Abgemahnten eine Prüfung zu erleichtern. Sofern die Abmahnung nicht den Anforderungen entspricht, hat dies zur Folge, dass der Abgemahnte einen Gegenanspruch auf Ersatz der angefallenen Rechtsanwaltskosten erhält. Eine ähnliche Formulierung ist bereits im Urhebergesetz verankert. Dort wurde im Jahr 2013 eine umfangreiche Reform durchgeführt, um den massenhaften Abmahnungen aus dem Bereich Filesharing zu begegnen.

 

d) Abschaffung des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes

Schließlich soll der im Wettbewerbsrecht gängige sogenannte fliegende Gerichtsstand aufgehoben werden. Derzeit ist es so, dass ein Mitbewerber bei Verstößen im Internet die Auswahl hat, vor welchem Gericht er die Klage erheben möchte. Durch den Entwurf würde dies eingeschränkt werden, da im Grundsatz nur noch der allgemeine Gerichtsstand gelten würde, nämlich eine Klagerhebung am Sitz des Schuldners bzw. an dessen Wohnsitz. Nur noch in Ausnahmefällen wäre ein fliegender Gerichtsstand weiterhin zulässig, nämlich dann, wenn der Schuldner über keinen Wohnsitz bzw. Sitz im Inland verfügen würde.

 

Fazit
Insgesamt geht der Entwurf in die richtige Richtung und könnte tatsächlich dafür sorgen, dass Abmahnungen nicht mehr nur unter lukrativen Gesichtspunkten ausgesprochen werden.

 

Der Gesetzesentwurf muss nun jedoch noch den Bundestag passieren. Je nachdem wie lange die Verhandlungen andauern, könnte das Gesetz zur Bekämpfung des Abmahnmissbrauchs noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

 

Wir halten Sie informiert.

 

Carina Tolle-Lehmann LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht

Bild: © shutterstock / fizkes

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