Melanie Müller-Eberstein
Rechtsanwältin
Die neuen Regelungen in den §§ 723 ff. BGB (zum 01.01.2024 in Kraft getreten) zum Ausscheiden eines Gesellschafters und zur Auflösung der GbR tragen dem im Zuge des MoPeG etablierten Grundsatzes „Ausscheiden eines Gesellschafters vor Auflösung der Gesellschaft“ sowie dem neu etablierten gesetzlichen Leitbild der Dauer- anstelle der Gelegenheitsgesellschaft Rechnung.
Der Fokus liegt auf der Unternehmenskontinuität. Ereignisse, die vor dem MoPeG zur Auflösung der rechtsfähigen GbR führten, haben nunmehr nur das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters zur Folge.
I. Grundsatz: Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters
Die GbR bleibt nach dem Tod eines Gesellschafters in der Regel bestehen und wird nicht mehr wie bisher GbR aufgelöst.
Als Folge des Ausscheidens des verstorbenen Gesellschafters wächst der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters im Verhältnis ihrer Beteiligungsquote den verbleibenden Gesellschaftern an. Falls der vorletzte Gesellschafter verstorben ist, erlöscht die GbR ohne Liquidation und ihr Vermögen geht auf den verbliebenen Gesellschafter über.
Die Erben des verstorbenen Gesellschafters erwerben dessen Anspruch auf das Abfindungsguthaben. Falls im Gesellschaftsvertrag keine Regelung zur Berechnung des Werts des Gesellschaftsanteils und der Abfindungshöhe getroffen wurde, ist der Wert des Gesellschaftsanteils durch Schätzung zu ermitteln.
II. Fortsetzung der GbR mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters bei erbrechtlicher Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag
Im Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter entweder vereinbaren, dass die GbR beim Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird, oder sie können eine Nachfolgeklausel vereinbaren, die besagt, dass die GbR mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt wird.
§ 711 Abs. 2 BGB regelt die sog. einfache Nachfolgeklausel. Falls der Nachfolger Alleinerbe ist, rückt er mit dem Tod des verstorbenen Gesellschafters direkt in dessen Gesellschafterstellung. Falls es mehrere Erben gibt, wird der Gesellschaftsanteil jedem von ihnen entsprechend der Erbquote zugeordnet (Sondererbfolge); die Erbengemeinschaft wird nicht Gesellschafterin. Die Erben übernehmen die Gesellschafterstellung persönlich. Es besteht die Möglichkeit, eine Klausel zur Bestimmung eines Vertreters zu vereinbaren. In diesem Fall haben die Erben einen Vertreter zu wählen, der ihre Rechte gegenüber der GbR auszuüben hat.
Wenn nur bestimmte Erben in die Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters nachrücken sollen und nicht alle, kann dies durch eine qualifizierte Nachfolgeklausel geregelt werden. Der nachfolgende Gesellschafter kann namentlich benannt oder durch bestimmte Merkmale wie seinen Ehepartner oder das älteste Kind charakterisiert werden. Es kann auch vereinbart werden, dass der nachfolgende Gesellschafter von den überlebenden Gesellschaftern zu bestimmen ist. Der bestimmte Miterbe erhält den gesamten Anteil des verstorbenen Gesellschafters unmittelbar. Erben, die nicht als nachfolgende Gesellschafter qualifiziert sind, haben nur erbrechtliche Ausgleichsansprüche gegen den qualifizierten Nachfolger.
III. Fortsetzung der GbR aufgrund Eintrittsrechts eines Erben oder Dritten
In einem Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter vereinbaren, das Erben oder Dritte das Recht haben, in die fortgesetzte Gesellschaft einzutreten (sog. Eintrittsklausel). Im Falle eines solchen Rechtsgeschäfts unter Lebenden zugunsten eines Dritten oder aus einem Vermächtnis hat der vertraglich Benannte gegenüber den überlebenden Gesellschaftern Anspruch auf Aufnahme in die GbR in Nachfolge des verstorbenen Gesellschafters.
IV. Haftung für Altschulden
Ein Gesellschafter, der in die GbR eintritt, haftet persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der GbR, die vor seinem Eintritt begründet wurden.
Wenn ein Erbe aufgrund einer Sondererbfolge gemäß § 711 Abs. 1 BGB eintritt, gilt § 721a BGB nicht, wodurch die Haftung des Erben begrenzt werden kann (umstritten). Dies gilt auch, wenn der Erbe gemäß § 724 Abs. 2 BGB ausscheidet. Es besteht keine Möglichkeit, die Haftung zu beschränken, wenn ein Erbe aufgrund der sog. Eintrittsklausel eintritt.
Wenn die Bedingungen des § 724 BGB erfüllt sind, kann der Erbe die Haftung für Schulden der GbR durch die Ausübung der genannten Rechte oder durch die Erbausschlagung vollständig vermeiden. Außerdem besteht die Option, ein Austrittsrecht für den Erben zu vereinbaren oder die Haftung für Altverbindlichkeiten der GbR zu beschränken. Falls der Anteil eines verstorbenen Gesellschafters auf seine Erben übergeht und die GbR die Anforderungen gemäß § 170 Abs. 1 HGB erfüllt, kann jeder Erbe gegenüber den anderen Gesellschaftern beantragen, dass ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird und der auf ihn entfallende Anteil des verstorbenen Gesellschafters als Kommanditanteil anerkannt wird.
Falls dies nicht der Fall ist oder die Mitgesellschafter den Antrag auf Kommanditistenstellung abgelehnt haben, hat der Erbe das Recht, die Mitgliedschaft ohne Frist zu kündigen. Dem Erben wird nur ein besonderes Austrittsrecht gewährt, ohne dass er einen durchsetzbaren Anspruch auf eine Kommanditbeteiligung hat. Der Austritt ist innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis der Erbschaft zu erklären. Die Kündigung führt dazu, dass der Erbe aus der GbR ausscheidet und einen Anspruch auf ein Abfindungsguthaben erhält. Das Wahlrecht für den Antrag auf Einräumung einer Kommanditistenstellung ist ein persönliches Recht des Erben und gehört nicht zum Nachlass. Mehrere Erben können ihre Entscheidung unabhängig voneinander treffen. Falls der Erbe nicht fristgerecht ausscheidet oder seinen Verbleib in der Gesellschaft ausdrücklich erklärt, wird er vollhaftender Gesellschafter.
Es ist möglich, das Wahlrecht stillschweigend oder durch eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag auszuschließen.
Rechtsanwältin