Neues zum digitalen Nachlass

Kaum einer lebt heute noch ohne digitale Medien - und doch finden die Fragen um dieses Thema im Zusammenhang mit der rechtlichen Vorsorge und der Gestaltung der Erbfolge immer noch viel zu wenig Beachtung. Dabei können in einem Erbfall um den so genannten digitalen Nachlass viele unangenehme Konfliktfelder entstehen.

Gesamtrechtsnachfolge erfasst auch den digitalen Nachlass

Eine der Kernfragen zu diesem Thema ist:

Haben Erben das Recht auf Zugang zu den E-Mails des Verstorbenen, zu seinen Daten in der Cloud und zu den sozialen Netzwerken?

Im Juli 2018 hat eine geradezu bahnberechende Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu dieser Frage Klarheit geschaffen:

Die Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB erfasst auch den so genannten digitalen Nachlass.

Das bedeutet, der oder die Erben sind genau so umfassend berechtigt wie der Verstorbene selbst. Maßgeblich sind also die jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen, die der Verstorbene mit seinen Vertragspartnern getroffen hat. Diese Vereinbarungen gehen auf die Erben über.

Vielfach wurde damit argumentiert, dass bei einer Herausgabeverpflichtung auch die schützenswerten Daten Dritter berührt wären. Hierzu hat der BGH nunmehr klargestellt: für den digitalen Nachlass könne nichts Anderes gelten als für den normalen Briefverkehr. Auch hier müsse der Kommunikationspartner des Verstorbenen damit rechnen, dass die Briefe in die Hände der Erben fallen. Die Wahl des Mediums sei daher für diese Frage ohne Bedeutung. Der Erbe sei so zu behandeln, als sei er der Verstorbene selbst. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen bestehe fort, sei aber von der grundsätzlichen Vererblichkeit des digitalen Nachlasses gar nicht berührt.

Geklärt hat der BGH in seiner Entscheidung auch, unter welchen Voraussetzungen die Rechte der Erben an den Daten des Verstorbenen im Einzelfall doch eingeschränkt oder ausgeschlossen werden können. Enthält nämlich der jeweilige Vertrag zwischen dem Verstorbenen und seinem Vertragspartner Regelungen, die die Erben vom Zugang zu den Daten ausschließen, so ist das grundsätzlich möglich. Jeder Nutzer kann also durch entsprechende Regelungen mit seinen Vertragspartnern festlegen, dass seine Erben nicht berechtigt sein sollen, die Daten einzusehen.

Werden die Erben von dem Zugang zu den Daten des Verstorbenen aber durch AGB des Anbieters ausgeschlosssen, so sind die strengen rechtlichen Voraussetzungen für die Geltung der AGB im Einzelfall zu prüfen. Ein vollständiger Ausschluss der Vererblichkeit einer Vertragsbeziehung könne durch AGB gar nicht ausgeschlossen werden, weil eine solche Regelung zu weit von der gesetzlichen Regelung abweichen würde und daher unwirksam wäre.

Wir freuen uns über nun deutlich mehr Rechtsklarheit in diesem an Bedeutung zunehmenden Lebensbereich.

Sabine Münzel

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (AGT)

Bild: © pixabay / geralt

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