Julia Freifrau von Harder
Rechtsanwältin
Social-Media-Konten können einen erheblichen Wert haben. Ein neues Urteil bringt nun Klarheit darüber, auf welche Weise sie von den Erben genutzt werden können.
Mit der Frage, ob eine aktive Nutzung von Social-Media-Konten, insbesondere Instagram-Konten, durch die Erben möglich ist, eröffnet sich eine neue Problemstellung im Bereich des digitalen Nachlasses.
Nachdem der Bundesgerichtshof im Jahr 2018 festgestellt hatte, dass der Zugang zu einem Social-Media-Konto grundsätzlich vererblich ist, stand nun kürzlich vor dem Landgericht Oldenburg die Frage zur Entscheidung, ob auch eine aktive Nutzung des Accounts durch die Erben ermöglicht werden muss. Diese Fragestellung war vom Bundesgerichtshof bislang offengelassen worden.
Im Hinblick auf die Bedeutung von Social-Media-Konten als Basis für Geschäftsmodelle, etwa das von Influencern, sowie als Werbemöglichkeit, beispielsweise für Künstler in eigener Sache oder im Auftrag von Unternehmen, ist die Frage der weiteren Nutzbarkeit von Followern und der Reichweite des Accounts Verstorbener auch unter finanziellen Aspekten relevant. Zudem kann, um einen Verlust der Reichweite zu verhindern, schnelles Handeln erforderlich sein.
Nach dem Urteil des OLG Oldenburg aus dem Dezember 2024 geht das vertragliche Nutzungsverhältnis, wie auch sonstige Nachlassgegenstände und Forderungen, im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über.
Dies bedeutet, dass die Erben des Kontoinhabers dieses ebenso nutzen können wie der Erblasser. Besondere gesetzliche Regelungen in Bezug auf ein „digitales Erbrecht“ gibt es nicht; auch eine Durchbrechung der Gesamtrechtsnachfolge durch einen Ausnahmefall, wie etwa ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, liegt nicht vor. Trotz der personalisierten Inhalte, die den Nutzern auf der Plattform ausgespielt werden, ist das Vertragsverhältnis nach Ansicht des Gerichts nicht höchstpersönlicher Natur und kann damit auf den oder die Erben übergehen. Gegen die Einstufung als höchstpersönliches Rechtsverhältnis spreche zum einen, dass nur die vom Kontoinhaber geschaffenen Inhalte persönlichkeitsrelevant seien, nicht aber die Leistungen des Anbieters. Ferner spricht die in den Vertragsbedingungen vorgesehene Möglichkeit der Stellvertretung, genauer: der Kontoeinrichtung für eine andere Person, gegen eine Höchstpersönlichkeit des Vertrages.
Die Einschränkung des Erbrechts, wie sie in der Rechtsprechung des BGH für den Girovertrag bekannt ist, kann nach Ansicht des Oberlandesgerichts hier nicht zur Anwendung kommen. Ein Social-Media-Konto ist nicht mit einem Girovertrag vergleichbar, denn es ergibt sich kein maßgeblicher Unterschied, wenn der Erbe das alte, vom Erblasser übernommene Konto auflöst und ein neues eigenes eröffnet. Die durch gerade diesen Girovertrag erlangte rechtliche Stellung hat, für sich genommen, keinen bezifferbaren Wert. Für ein Social-Media-Konto ist die Kreditwürdigkeit irrelevant, und eine Vertrauensbeziehung ist nicht erforderlich. Das Social-Media-Konto an sich kann als Kommunikations- und Werbeplattform jedoch einen hohen finanziellen Wert haben. Dieser ist gerade für die Erben etwa von Künstlern und Musikern, deren Werke auch nach ihrem Tod weiter vertrieben werden, von großer Bedeutung.
Es bleibt abzuwarten, ob und welche Anpassungen der AGB die zumeist vom Meta-Konzern angebotenen Plattformen diesbezüglich vornehmen werden und ob das hier erwähnte Urteil noch mit einer Revision angegriffen wird.
In jedem Fall ergibt sich jedoch ein testamentarischer Gestaltungsbedarf für Personen, die die Möglichkeit der Weiternutzung ihres Accounts durch ihre Erben sichern oder eben deren Unterlassung regeln möchten. Das schlichte Geheimhalten der Zugangsdaten sichert die Konten nicht vor dem Zugriff der Erben, da diese einen Auskunftsanspruch gegen den Dienstanbieter haben.
Wenn Sie zu den hier in Frage kommenden Möglichkeiten eine Beratung wünschen, stehen wir Ihnen für ein Gespräch gerne zur Verfügung.
Rechtsanwältin