Lennart Holst LL.B.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Gerade bei Genehmigungsverfahren zeigt sich, dass nicht selten weniger die Vorschriften selbst, sondern deren Umsetzung und gerichtliche Überprüfung zeitintensiv sind.
Die durchschnittliche Dauer der Gerichtsverfahren vor Verwaltungsgerichten bis zum Urteil in Deutschland lag im Jahr 2023 bei 23,6 Monaten. In der Praxis bleibt festzustellen, dass es alleine bis zur mündlichen Verhandlung in vielen Fällen mehrere Jahre dauert. Mehrere Jahre warten für die Klärung, wie groß die Bebauung auf einem Grundstück sein darf? Wirtschaftlich ist dies meist nicht darstellbar.
Doch nicht nur vor Gericht, dauern die Verfahren lange. Auch in den Behörden dauern Prozesse lange. Der Gesetzgeber begegnete dem bereits mit Genehmigungsfiktionen in manchen Bereichen oder der Möglichkeit der Untätigkeitsklage. In der praktischen Rechtsberatung gehört beides mittlerweile zum Alltag. Sowohl bei Gericht als auch bei Behörden sind ein Grund für die Verfahrensdauern die Mitarbeitersituation. Bereits 2019 stellte McKinsey fest, dass bis 2030 bei Behörden insgesamt einen Personallücke von 730.000 Stellen klaffen wird. Die Personalnot bei den Gerichten führte in Hamburg schon zu einem Brandbrief von Gerichten, welche die Anwälte auf (noch) längere Wartezeiten vorbereitete.
Statt einer angespannten Personalsituation wird in der politischen Debatte häufig ein Bürokratieabbau gefordert, um Verfahren zu beschleunigen. Lustige Geschichten mit Fledermäusen und Eidechsen werden hierbei aufgegriffen. Weniger präsent scheint hierbei, dass Bürokratie kein Selbstzweck ist, sondern (neben anderen Zwecken) dem Schutz – etwa durch Umweltprüfungen, Bürgerbeteiligung oder die Koordination von Infrastrukturmaßnahmen dient. Wird etwa beim Bau einer Brücke gleichzeitig die Verlegung von Versorgungsleitungen geplant, spart das langfristig Zeit und Kosten. Solche Synergien drohen bei einem unreflektierten Abbau von Verfahrensschritten verloren zu gehen. Entfallen Prüfungen, drohen Risiken für Mensch und Natur. Bezeichnend ist in dem Zusammenhang, dass jüngst in China, welches gerne als Paradebeispiel für schnelle Bauvorhaben herangezogen wird, eine nicht einmal ein Jahr alte Brücke einstürzte.
Statt pauschaler Deregulierung braucht es gezielte Maßnahmen: Digitalisierung, Personalaufbau, klare Zuständigkeiten und eine bessere Verzahnung von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Nur so lassen sich Genehmigungsverfahren beschleunigen, ohne den Schutz von Umwelt, Bürgerrechten und öffentlichem Interesse zu gefährden.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht