Tax-Compliance-Management-Systeme (Tax-CMS)

Wie Geschäftsführer ihr Haftungsrisiko durch die Anwendung von Tax-Compliance-Management-Systemen reduzieren können.

Die wichtigsten Antworten zu Haftungsrisiken und Implementierung

Partner-Beitrag von Lukas A. Woch —

Welche Haftungsrisiken bestehen?

Geschäftsführer/Vorstände sind als gesetzliche Vertreter von Kapitalgesellschaften für die Erfüllung von steuerlichen Pflichten (z.B. zeitgerechte Abgabe von Steuererklärungen unter Anwendung richtiger Vorschriften) verantwortlich, bei Einzelunternehmen entsprechend die Betriebsinhaber. Doch auch durch größte Sorgfalt können Fehler nie gänzlich ausgeschlossen werden. Sollten im Nachgang Fehler aufgedeckt werden, sind diese gemäß dem §153 AO unverzüglich zu berichtigen.

Am 23. Mai 2016 veröffentlichte das Bundesministerium für Finanzen (kurz: BMF) einen Anwendungserlass zum §153 AO. Der §153 AO beschäftigt sich mit „Berichtigungen von Erklärungen“. Der Anwendungserlass des BMF beantwortet die Frage, wann noch eine Berichtigung und wann bereits eine Steuerhinterziehung/leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Demnach besteht für Steuerpflichtige bei nachträglichen Korrekturen bzw. auch durch nachträgliche Betriebsprüfungen stets die Gefahr, dass künftige Änderungen bzw. Feststellungen als Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Steuerverkürzung gewertet werden, anstatt als bloße Berichtigungsmaßnahmen gemäß §153 AO. Für die Unternehmensverantwortlichen entsteht hier ein erhebliches Haftungsrisiko.

Dabei liegt Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Steuerverkürzung dann vor, wenn die Tat (z.B. die Nichterklärung bestimmter Einkünfte oder die Anwendung falscher steuerrechtlicher Vorschriften) schuldhaft herbeigeführt wurde, d.h. entweder vorsätzlich oder leichtfertig ausgeübt wurde. Zu bedenken ist, dass die vorsätzliche bzw. leichtfertige Handlung auch durch Mitarbeiter erfolgen kann. Dies liegt unter anderem daran, dass an vielen Stellen im Unternehmen steuererhebliche Entscheidungen gefällt werden, von Personen, die sich der steuerlichen Konsequenzen nicht oder nicht vollständig bewusst sind.

Wie kann man das Risiko von Vorsatz und Leichtfertigkeit reduzieren?

Genau hier kommt nun der obige Anwendungserlass und damit das Tax-CMS ins Spiel. Das BMF führt darin aus, dass die Einrichtung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems, dass der Erfüllung steuerlicher Pflichten dient (kurz: Tax-CMS) ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen von Vorsatz bzw. Leichtfertigkeit ist. Stattdessen liegt dann bloße Berichtigung gem. §153 AO vor. Demnach hat die Finanzverwaltung die Einrichtung eines Tax-CMS bei Ihrer Beurteilung zwingend zu berücksichtigen.

Viele Unternehmer sind fälschlicherweise der Auffassung das dies für Sie kein Thema ist, da ausreichende Dokumentationen/Handlungsanweisungen zu steuerlichen Themen in den Sphären des weiten Intranets vorliegen. Doch ein Tax-CMS besteht aus weit mehr als nur Anweisungen.

Woraus besteht ein Tax-CMS und wie wird es eingeführt?

Tax-CMS wird oft auch als Tax-IKS/Steuer-IKS (IKS = Internes Kontrollsystem) bezeichnet und synonym verwendet. Das Tax-CMS ist die Gesamtheit sämtlicher steuerrechtlicher Verpflichtungen, während das Tax-IKS nur auf den Bereich der internen Kontrollen (Kontrollebene) ausgerichtet ist.
Damit das Tax-CMS als „effizient“ gilt, muss es zunächst einmal angemessen ausgestaltet sein und zum anderen auch tatsächlich wirksam gelebt werden.

Die Einführung lässt sich grob in 3 Schritten skizzieren.

Schritt 1: Implementierung

Im ersten Schritt geht es um die Implementierung eines solchen Systems, mit dem Ziel die Befolgung steuerlicher Gesetze und Vorgaben der Finanzverwaltung sicherstellen zu können. Da eine Implementierung eines Tax-CMS gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, fehlt es im besagten BMF-Schreiben an Vorgaben zur genauen Ausgestaltung eines solchen Systems. Gleichzeitig ist ohne Ausgestaltung die Beweisfunktion eines effizienten Tax-CMS kaum möglich. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat hierbei die Lücke geschlossen, in dem es einen Rahmen vorgegeben hat, welcher sich an der Prüfung der „Compliance-Management-Systemen“ orientiert. Das Tax-CMS soll demnach aus sieben Grundelementen bestehen. Dazu gehört die Förderung einer Compliance-Kultur, die Festlegung von Compliance-Zielen, der Aufbau einer Compliance-Organisation, die Analyse der Compliance-Risiken, die Erstellung des Compliance-Programms und die Entwicklung eines Kommunikationsverfahrens sowie eines Überwachungs- und Verbesserungs­prozesses.

Schritt 2: Umsetzung im Tagesgeschäft

Einbindung der sieben Grundelemente in die Geschäftsabläufe des jeweiligen Unternehmens.

Schritt 3: Prüfung nach IDW PS 980

Dieser letzte Schritt ist nicht verpflichtend, verleiht aber die höchste Aussagekraft und damit die größte Rechtssicherheit. Das Tax-CMS wird bzgl. der Angemessenheit und Wirksamkeit durch einen Wirtschaftsprüfer testiert.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Tax-CMS-System auch nur einzelne Teilbereiche umfassen kann (z.B. „Umsatzsteuerprozess“). Neben der Hauptmotivation die Haftung zu minimieren, den Vorwurf der Steuerhinterziehung zu entkräften (gilt auch für Mitarbeiter z.B. „Vorwurf der Mitwirkung“) ist ein Tax-CMS auch in der Lage die bestehenden Prozesse zu verbessern und durch die dazugehörige Dokumentation mehr Transparenz zu schaffen. Da das Thema der Verfahrensdokumentation seitens der Finanzverwaltung eine zunehmend größere Bedeutung einnimmt, ist davon auszugehen, dass das Vorhandensein und die Qualität eines effizienten Kontrollumfelds bei Entscheidungen durch die Finanzverwaltung mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.

Bild: ©pixaby

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