Dr. Kathrin Baartz
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Mediatorin
Im Alltag vieler moderner Familien sind Väter und Mütter berufstätig und kümmern sich beide um die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder. Manche Paare mit etwa gleichen Anteilen, manchmal mag einer mehr zeitlich eingebunden sein als der andere, war aber trotzdem im Alltag seiner Kinder sehr präsent.
Wenn nun eine Trennung der Eltern anstand, war es üb- lich, dass die Kinder ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt nur eines Elternteils nehmen, der andere wurde auf sein sogenanntes Besuchsrecht verwiesen. Faktisch bedeutet dies einen Verlust eines Elternteils für das Kind, das seinen Vater oder seine Mutter plötzlich nur noch alle 14 Tage am Wochenende und in den Ferien zu sehen bekam. Auch in den Fäl- len, in denen beide Eltern weiter die Betreuung der Kinder hätten leisten können, konnte das sogenannte Wechselmodell nicht Gegenstand einer familiengerichtli- chen Anordnung sein, wenn ein Elternteil das ablehnte.
Das ist nun seit dem 01.02.2017 anders. Nicht das „Nein“ ist entscheidend, son- dern das Kindeswohl.
Der BGH interpretierte die gesetzliche Vorschrift zum Umgangsrecht der Eltern mit dem Kind neu.
Während es bisher nur darum ging, dem Elternteil, das nicht mit seinem Kind zusammen lebt, zu ermöglichen, sich „von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten, um eine Entfremdung vorzubeugen sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen“, geht es jetzt auch um eine gleichberechtigte Teilhabe beider Eltern am Leben ihrer Kinder, also um eine „echte“ Elternschaft trotz Trennung und Scheidung.
Besteht zwischen den Eltern mit Ausnahme des Streites um die Betreuung eine Kooperations– und Kommunikationsfähigkeit, können Absprachen getroffen werden und ziehen beide Elternteile auch erzieherisch an einem Strang, so sollen die Familiengerichte künftig auch prüfen, ob ein Wechselmodell dem Wohl der Trennungskinder am besten entspricht. Dabei soll grundsätzlich auch das Kind gehört werden, für dessen Leben das Wechselmodell vermutlich die stärksten Auswirkungen hätte. Pro und Contra sind kindeswohlorientiert zu ermitteln. Ein „Will ich nicht – passt mir nicht!“ reicht hingegen künftig nicht mehr aus, um sich einer gleichberechtigten Elternschaft zu verschließen.
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Mediatorin
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