Vorsicht bei Schenkungen der eigengenutzten Wohnimmobilie

Mit fortschreitendem Alter und der Familiengründung der Kinder machen sich Eltern zunehmend Gedanken über Schenkungen an ihre eigenen Kinder. Durch Schenkungen kann eine finanzielle Unterstützung genau dann erfolgen, wenn sie am meisten benötigt wird.

Schenkungen an die eigenen Kinder

Partner-Beitrag von Sabine Münzel —

Dies ist ein entscheidender Vorteil von Schenkungen gegenüber einem Vermögensübergang auf die eigenen Kinder im Rahmen einer Erbschaft. Angesichts der steigenden Lebenserwartung erfolgt der Erbfall häufig erst zu einem Zeitpunkt, wenn die eigenen Kinder selbst bereits das mittlere Lebensalter erreicht haben und deren eigene Immobilie abbezahlt ist.


Gleichzeitig sprechen auch steuerliche und manchmal erbrechtliche Gesichtspunkte für Schenkungen zu Lebzeiten und die Vorwegnahme der Erbfolge. Auf diese Weise können zum Beispiel die für Schenkung und Erbschaften identischen steuerlichen Freibeträge in einem bestimmten zeitlichen Abstand mehrfach ausgenutzt werden. Um böse Überraschungen zu vermeiden, gilt es jedoch immer eine Vielzahl von Belangen zu berücksichtigen. Während einige vergleichsweise naheliegend sind z.B. die Sicherstellung der eigenen Versorgung oder Rückübertragungsansprüche in bestimmten Fällen, sind auch weniger offensichtliche rechtliche und steuerliche Fallstricke zu berücksichtigen, wie das folgende Beispiel zeigt:


Der Ehemann verstirbt und die Ehefrau wird aufgrund eines sogenannten Berliner Testaments Alleinerbin. Sie erbt das Familienwohnheim in guter Stadtlage, das im Alleineigentum des verstorbenen Ehemannes gestanden hat und wohnt dort weiter allein. Außerdem erbt die Ehefrau ein weiteres Vermögen von EUR 400.000,00. Ihr wird das Haus aber zunehmend zu groß und die Arbeit fällt ihr immer schwerer. Der Sohn der Eheleute und seine Ehefrau bieten an, die Mutter künftig nach Kräften mit praktischer Hilfe zu unterstützen. Hierfür ist die Witwe sehr dankbar und überträgt vier Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes die Immobilie als Schenkung unter Vorbehalt des Nießbrauchs je zur Hälfte auf den Sohn und die Schwiegertochter.


Was zunächst ganz vernünftig und harmonisch wirkt, führt leider zu erheblichen steuerlichen Nachteilen. Nach dem Tod des Ehegatten musste die Ehefrau zunächst keine Erbschaftsteuern zahlen, denn die eigengenutzte Wohnimmobilie bleibt immer dann für die Berechnung der Erbschaftsteuer außer Betracht, wenn Kinder oder Ehegatten eine Wohnimmobilie nach dem Erbfall persönlich für einen Zeitraum von tag genau zehn Jahren ab dem Erbfall weiter selbst bewohnen und nicht das Eigentum aufgeben. Mit den zusätzlich geerbten EUR 400.000,00 war der persönliche Freibetrag des Ehegatten in Höhe von EUR 500.000,00 noch nicht überschritten. Durch die Schenkung an den Sohn hat die Ehefrau aber das Eigentum aufgegeben und der Steuerbefreiungstatbestand ist entfallen.

Sie musste nach der Schenkung auf die ihren persönlichen Freibetrag übersteigenden EUR 400.000,00 Erbschaftssteuern nachzahlen.
Auch der vorbehaltene Nießbrauch und die Tatsache, dass sich für die Witwe nach der Schenkung „gefühlt“ ja gar nichts verändert hat, konnte sie nicht vor den nun anfallenden Steuern bewahren.
Diesen Fall hat der BFH im Jahre 2019 so zu Lasten der Witwe entschieden.

Unser Beispiel soll zeigen, dass manchmal an ganz unerwarteten Stellen steuerliche Fallstricke lauern und es sich im Zweifel immer lohnt, im Vorwege beabsichtigter Verfügungen fachlichen und kompetenten Rat einzuholen.
Wenn schon zu Lebzeiten Vermögen auf die nächste Generation übertragen werden soll gilt es, alle steuerlichen und rechtlichen Risiken im Vorwege zu prüfen, um böse Überraschung zu vermeiden.

Sabine Münzel

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (AGT)

Bild: ©pixaby

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